Pauschalreise
Eine präzise, aber nicht allgemeinverbindliche Definition enthält Art. 2 der EU-Richtlinie 90/314/EWG vom 13. Juli 1990:
„Die im Voraus festgelegte Verbindung von mindestens zwei der folgenden Dienstleistungen, die zu einem Gesamtpreis verkauft oder zum Verkauf angeboten wird, wenn diese Leistung länger als 24 Stunden dauert oder eine Übernachtung einschließt:
- Beförderung
- Unterbringung
- andere touristische Dienstleistungen, die nicht Nebenleistungen von Beförderung oder Unterbringung sind und einen beträchtlichen Teil der Gesamtleistung ausmachen.“
Die Umsetzung in nationales Gesetz erfolgte unterschiedlich: In Deutschland gibt es keine gesetzliche Definition von „Pauschalreise“. Im österreichischen Recht wurde der Begriff „Pauschalreise“ in den beiden wesentlichen gesetzlichen Grundlagen unterschiedlich definiert, was noch nicht vom Gesetzgeber saniert wurde: Im §31b KSchG wird der Begriff der „Reiseveranstaltung“ abweichend von der genannten EU-Richtlinie definiert. Im §1 Z2 der Ausübungsvorschriften für das Reisebürogewerbe hingegen wird der Begriff der „Pauschalreise“ im Sinne des Abs. 1 der Richtlinie ohne Abweichung übernommen.
In der Entscheidung ClubTour/Gonçalves Garrido, Rs. C-400/00, vom 30. April 2002, hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass auch die individuelle Zusammenstellung mehrerer Einzelleistungen durch ein Reisebüro auf Wunsch des Kunden den Begriff der Pauschalreise erfüllt. Dieses Urteil stützt sich jedoch auf die Umstände, dass portugiesische Reisebüros eine andere Rechtsstellung haben und im konkreten Fall das Reisebüro im eigenen Namen die Leistungen erbracht hatte. Es kommt also auf das Auftreten eines Reisebüros an, ob es Reiseveranstalter oder Reisevermittler ist. Somit hat das Urteil nur bedingte Auswirkungen auf deutsche und österreichische Rechtsprechung im Reisebereich.
Als Spezialfall der Pauschalreise gilt die „Bausteinreise“, bei der einzelne Bestandteile aus einem vorgegebenen Katalog individuell kombiniert werden. Geschieht diese Kombination in Echtzeit, spricht man von „dynamic packaging“. Rechtlich ist die Bausteinreise der Pauschalreise gleichzusetzen.3 Das Gegenteil der Pauschal- und Bausteinreise ist die Individualreise, bei der der Kunde die einzelnen Leistungen wie Beförderung, Unterkunft oder Verpflegung in eigener Regie bei den jeweiligen Leistungsträgern bucht.
Rechtliche Behandlung
Auf Pauschalreisen findet in Deutschland das Reisevertragsrecht Anwendung, das die bei Individualreisen anwendbaren dienst-, werk- und mietvertragsrechtlichen Vorschriften verdrängt.
Maßgebliche Rechtsquelle ist hierfür in Deutschland primär §§ 651a ff. BGB sowie die Verordnung über die Informationspflichten von Reiseveranstaltern vom 14. November 1994 (BGBl. 3436).
In Österreich sind die gesetzlichen Regelungen für Pauschalreisen im Konsumentenschutzgesetz (KSchG) §31 ff sowie in den Ausübungsvorschriften für Reisebüros festgeschrieben.
Die genannten Vorschriften sind in starkem Maße von der bereits erwähnten EU-Richtlinie geprägt, deren Umsetzung sie in den nationalen Gesetzen auch sein sollten (was nicht in jedem EU-Land gleich gut gelungen ist).
Als wesentlicher Vorteil der Einschaltung eines Reiseveranstalters gilt der umfassendere Konsumentenschutz bei Anwendung des Reiserechts. So hat der Kunde im Mängelfall nur einen Ansprechpartner (nämlich den Reiseveranstalter) und relativ klar geregelte Gewährleistungsansprüche, die in Übersichten wie der Frankfurter Tabelle oder der Kemptener Reisemängeltabelle zusammengefasst sind. Anzahlungen des Kunden sind durch die Verpflichtung des Reiseveranstalter, spätestens vor der ersten Zahlung einen Reisesicherungsschein aushändigen, gesichert.
Marktbedeutung
2010 machten Pauschalreisen (inkl. Bausteinreisen) laut Reiseanalyse in Deutschland einen Marktanteil von 44 % aus, im Vergleich zu 2005 ein Rückgang um 4,5 Prozentpunkte (Basis: Urlaubsreisen ab 5 Tagen Dauer).4
Einzelnachweise
- ↑ Thomascook.de, abgerufen 12. November 2010
- ↑ Heute vor 147 Jahren... in Märkische Oderzeitung, Frankfurter Stadtbote 17./18. Mai 2008, S. 1
- ↑ Gabler Wirtschaftslexikon online, abgerufen am 30. Januar 2012
- ↑ Reiseanalyse 2011 - Erste Ergebnisse
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